Buchhaus Lüthy Sihlcity, Zürich

Der Velokurier bringt’s

Michael Guggenheimer

Die Berater in der Buchhandlung Lüthy, Sihlcity. Sie sind mitten im Raum - sehr verfügbar!

Keine andere Buchhandlung Zürichs liegt so nah am Stadtrand wie „Das Buchhaus Lüthy“. Und doch liegt sie im Zentrum. Keine andere Buchhandlung liegt so nahe an einem Autobahnanschluss. Und doch kommen die meisten Kunden mit der Strassenbahn, mit der Bahn oder mit dem Bus ins „Buchhaus Lüthy“ im Erdgeschoss und im Herzen des grossen Einkaufszentrums „Sihlcity“. Innerhalb des Shoppingparadieses ist das Buchhaus unübersehbar und verfügt über eine Toplage in der Mall. Die Buchhandlung befindet sich nicht so abseits wie der andere Bücherort im Einkaufsparadies, die Filiale der Pestalozzibibliothek, die im Gegensatz zur Buchhandlung nicht einmal in den alphabetischen Übersichten der Dienstleistungen im grossen Konsumtempel Erwähnung findet.

Früher wurde auf dem Areal des grossen Shopping Centers während 150 Jahren Papier produziert, hier war – direkt am Fluss Sihl – die Firma Sihlpapier domiziliert, die Zeitungs- und Buchpapier hergestellt hat. An diese Vergangenheit erinnert heute nur noch ein Eventraum mit dem Namen „Papiersaal“ in einem Nebengebäude des eigentlichen Verkaufspalastes. „Das Buchhaus“ gehört zur Unternehmensgruppe Lüthy Balmer Stocker, einem Zusammenschluss von traditionsreichen Buchgeschäften aus Solothurn, Luzern und Zug. Lüthy, dessen Stammhaus in der Solothurner Altstadt liegt, zählt zu den grossen Sortimentsbuchhandlungen der deutschen Schweiz und ist heute das grösste familiengeführte Buchhandelsunternehmen der Landes. Die namengebende Buchhandlung Lüthy wurde 1838 gegründet und ist damit eine der ältesten noch bestehenden Buchhandlungen der Schweiz. Literaturfreunden ist der Name Lüthy eher von den Solothurner Literaturtagen her ein Begriff als vom grossen Laden in Zürich, denn Lüthy ist seit jeher die offizielle Buchhandlung der Literaturtage.

Das Buchhaus“ gehört mit den beiden Buchläden von Orell Füssli zu den drei grössten Buchhandlungen auf Zürcher Stadtgebiet. Ein langgezogener Raum von 1200 Quadratmetern, Bücherregale an beiden Längswänden, im ganzen Raum verteilte Büchertische zu verschiedenen Themen, zwei wirkliche Arbeitstische, an denen manchmal Schüler an ihren Hausaufgaben sitzen. „Das Buchhaus“ ist eine grosszügig eingerichtete moderne farbenfrohe Buchhandlung. Ein meerblauer Teppich erstreckt sich vom Eingangsbereich in der hohen Shoppingmall mit Sonderaktionen bis hin zur Kinderecke ganz hinten. Jung wirkt diese Leselandschaft. Und gut geordnet. Die Wandpartien in verschiedenen grellen Farben wollen auf eine thematische Unterteilung hinweisen, Leseeinseln, die zum Sitzen einladen, ein Cafébereich mit Sirupservice für Kinder zielen auf unterschiedliche Publikumsgruppen.

„Kochen“. „Geniessen“. „Reisen“, „Spiritualität“, „Psychologie. Beziehungen“, „Tiere“, „Sprachlehrmittel“, „Books“, „Top!“, „Romane von A bis Z“, „Aus der Küche“ oder „Fantasy“ lauten die grossen Titel an den beiden Wänden. „Jetzt im Gespräch“ und „Leseperlen“ ist die Bezeichnung zweier Büchertische mit Neuerscheinungen. Eine sympathische Buchhandlung mit einem breiten Angebot für jedermann und für alle Geschmacksrichtungen lädt da zum Verweilen ein, DVD’s, Comics, eine breite Auswahl von Sexratgebern, die anders als in der Quartierbuchhandlung zum Blättern einladen. Die Buchhandlung als eine Art Familientreffpunkt , wo ein Elternteil mit dem Nachwuchs im Kinder- und Jugendbuchbereich mit einem Kind oder zwei auf den Partner wartet, der gerade beim grossen Lebensmittelmarkt oder in einem der Kleiderläden einkauft. Weil sich unweit vom Shoppingcenter die rückwärtigen Dienste einer grossen Bank befinden und weil immer mehr grosse Bürobauten im selben Stadtteil Fuss fassen, sind hier auch zahlreiche Kunden anzutreffen, die keine deutschsprachigen Bücher kaufen, sondern sich an den gut ausgestatteten englischen Büchergestellen bedienen. Mehrere E-Books sind auf einem Stehtisch ausgestellt, mit denen man sich mit neuen Lesegewohnheiten vertraut machen kann. Wer sich aber lieber zuhause am Computer im Bücherkatalog für ein Buch entschieden hat, das er gerne als gebundene Ausgabe in Papier lesen möchte, der kann das Buch per Mail oder telefonisch bestellen und sich mit einem Fahrradkurier nach Hause liefern lassen. „zuerichbuch.ch“ heisst diese Dienstleistung, die damit beworben wird, dass ein bestelltes Buch innerhalb von drei Stunden auf Zürcher Stadtgebiet im Büro oder Zuhause ankommt. Über den Zustellpreis schweigt sich die grosse Werbung allerdings aus.

Buchhaus Lüthy
Kalanderplatz 1
8045 Zürich
T: ++41 44 208 10 30
www.buchhaus.ch

 

Für Guerillakünstler

Heinz Egger

Wie ein breiter Schlund öffnet sich die Buchhandlung Lüthy im Einkaufszentrum Sihlcity: Ich lasse mich hineinsaugen und schlendere etwas durch die Buchhandlung, nichts Bestimmtes suchend. Ich bin überwältigt von dem, was hier aufliegt. Wie wäre es mit dem neuesten Buch von Alex Capus oder den Neuling von Peter Stamm? Oder ein Buch über WordPress, die Blogsoftware meiner Website? Ich nehme die drei Titel und setze mich in einen der schwarzen Sessel in der Mitte der Buchhandlung. Das Buch über WordPress wird es wohl nicht werden, das sehe ich schnell. Zu umfangreich und zu viele Seiten darüber, wie man Zusätze zur Grundsoftware selbst programmiert. Das ist nicht die Richtung, in der ich gehen möchte.

Ich lege das Buch neben mir auf die Armlehne und schaue mich um. Der Buchladen ist hell und geräumig. Die Wände sind leuchtend grün gestrichen. Hoch über den Gestellen steht in weisser Schrift die Abteilung: Aktuell, Geniessen, Psychologie, Beziehungen, Yoga, Sport, Tiere, Esoterik , Kinder, Books, Sprachlehrmittel, Reiseführer, Fantasy, Romane von a bis z, Lesen. Fünf über die Wände verteilte schwarze Balken gliedern den Raum. Darauf stehen die Abteilungen Kochen, Spiritualität, Serien, Reisen und Top! Weshalb sind gerade diese Abteilungen schwarz? Was verbindet sie?
Einen breiten, feuerroten Streifen gibt es auch: Computer, Software, Fotografie, Café Sirup. Wie sind diese verbunden miteinander? Hm, Computer und Software sind wohl für viele ein rotes Tuch. Die Fotografie und das Café Sirup fügen sich da aber nicht ein.

Ein Gong schreckt mich aus meinen Beobachtungen. Was dieser bedeutet?

Ein Tisch voller Perlen - Leseperlen. Wer diese wohl aus den Tiefen gehoben hat?

Eigentlich machen mich die beiden anderen Bücher auch nicht an. Aber da war doch die Buchempfehlung einer guten Bekannten, die ganz begeistert von ihrer neusten Lektüre sprach. Wie war der Titel schon wieder? Königsallee? Ich gehe zurück zu den Neuerscheinungen, dann zu den Leseperlen. Hier ist es: Hans Pleschinski, Königsallee. Ich nehme das Buch und kehre an meinen Platz zurück. Ich lese den Klappentext und überfliege die ersten Seiten. Das spricht mich an.

In meinem Rücken spazieren immer wieder Mütter mit Kinderwagen und kleinen Kindern vorbei. Ganz hinten im Laden, beim Café Sirup sind die Kinderbücher. Eine Spieloase gibt es da und diese zieht die Familien magisch an. Es ist ein Ort, an dem man nach dem Einkaufsrummel auch ganz einfach etwas zur Ruhe kommen kann.
Auch die Bastelbücher sind dort. An quengelnden und schreienden Kleinen vorbei, erreiche ich die hinterste Regalreihe. Eine ganze Menge wird angeboten. Und schnell habe ich etwas in der Hand, was mein alterndes Bubenherz höher schlagen lässt: eine Werkstatt für Raketen und Flieger, erschienen im AT-Verlag.

Auf dem Rückweg entdecke ich einige Werke der amerikanischen Künstlerin Keri Smith – ja, die Frau, die „Mach dieses Buch fertig“ herausgebracht hat. Nun gibt es noch „Mach diese Postkarten fertig“ oder „Sachensucher“. Dem spiralgebundenen, mit schweren Kartondeckeln versehenen Werk „Das Guerillakunst-Kit“ kann ich nicht widerstehen. Auch wenn ich genau weiss, dass ich nie den Mut haben werde, zu Nachtzeiten an Kandelabern Kleber anzubringen, mit Schablonen Bilder auf den Boden zu pinseln oder an einer Ampel einen Strick-Tag zu befestigen.

 

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