VBS, Bibliothek am Guisanplatz, Bern

Militaria und anderes

Michael Guggenheimer

Jane's gibt in allen militärischen Fragen Auskunft

Immer wieder kurz bevor zwei Staaten einen bewaffneten Konflikt austragen, kommt der Name Jane’s in den Zeitungen vor: Vergleiche von Truppenstärken, die Anzahl von Panzern, die Klassifizierung von Unterseeboten und Fregatten werden stets mit Hinweis auf Jane’s zitiert. Jane’s ist die Expertenquelle schlechthin für militärische Informationen aller Art. Jane’s Information Group (auch bekannt als Jane’s) ist ein militärwissenschaftlicher und technischer Verlag mit Sitz in England. Jane’s liefert unter anderem OSINT-bezogene Fachinformationen aus den Bereichen Verteidigung, Sicherheitspolitik.

Was sind OSINT-bezogene Fachinformationen und was hat das alles bei buchort.ch zu suchen? Open Source Intelligence (OSINT) ist ein Begriff aus der Welt der Nachrichtendienste bei dem für die Nachrichtengewinnung Informationen aus frei verfügbaren, offenen Quellen gesammelt und durch Analyse der unterschiedlichen Informationen verwertbare Erkenntnisse gewonnen werden. Wer die Publikationen von Jane’s in der Schweiz konsultieren will, der begibt sich in die Bibliothek am Guisanplatz nach Bern. „Eidgenössische Militärbibliothek“ steht in grossen Lettern am Eingangstor. 1848 wurde sie gegründet, 2007 wurde sie zur Bibliothek am Guisanplatz (BiG). Seit 2009 führt sie koordinierend die Bibliotheken der Bundesverwaltung. Wer etwas unsicher die Bibliothek, die in einem ehemaligen Zeughaus im Berner Nordquaartier domiziliert ist, besucht, der fühlt sich beim Betreten des Gebäudes zu Unrecht etwas irritiert. Keiner in Uniform, der ihn hier nach dem Grund seines Besuchs ausfragen würde. Niemand muss sich hier in einer Benutzerliste eintragen. Freundliche Damen empfangen die Besucher und bieten Hilfe an bei der Suche nach Büchern und Dokumenten.

Beim Rundgang zwischen den Büchergestellen fällt einem zunächst das schön renovierte Innere des Gebäudes auf. Die Deckenkonstruktion aus Holz, die moderne Einrichtung, eine gemütliche Sitzgruppe am Eingang, die gut präsentierten Neuerscheinungen. Und dann auf einmal Jane’s in allen Variationen. Grosse Buchbände mit Titeln wie Fighting Ships, All the World’s Aircraft, Radar and Electronic Warfare Systems, Military Communication, Infantry Weapons, World Armies, orld Defense Industry und Intelligence Review. Sie alle von Jane’s herausgegeben. Man flaniert weiter zwischen den Regalen und entdeckt die Breite militärisch-orientierter Publikationen, die nur in einer Spezialbibliothek anzutreffen sind: Revue historique de l’Armée, Wehrkunde, Schweizer Soldat, Soviet Biological Weapons Program, Trust in Military Teams und daneben Bände mit alten Zeitungsausschnitten des Pressedienstes Argus zu militärischen Themen. Und weil Kriege lange Zeit zunächst auch terrestrische Feldzüge waren, ist wohl auch die Vielfalt der in der Militärbibliothek vorhandenen Zeitschriften zum Strassenbauwesen, zum Tunnelbau und zum Beton- und Stahlbetonbau.

Die Bibliothek am Guisanplatz ist eindeutig eine Fachbibliothek: Hier finden sich die Rivista Italiana Difesa, die Zeitschrift International Security, Die Gebirgstruppe, Military Medicine oder Intelligence and national security. Und dann staunt man: Was suchen hier die Biografie von Maler Vincent van Gogh oder die beiden Bände Deutsche Literatur von Peter Nusser. Und weshalb stehen Bände wie Die sowjetische Kriegsmarine neben dem Buch Die römische Baukunst, das Buch Fallschirmjäger der NVA neben dem Band Altsteinzeit von A bis Z oder das Buch Auftrag Pullach über den deutschen Geheimdienst neben dem dreibändigen Theaterlexikon der Schweiz? Andrea Grichting Zelenka, Chefin Service Public der Bibliothek beim Generalsekretariat des Eidgenössischen Departements für Verteidigung (VBS) liefert die Erklärung: Die Bestände von manchen der 40 in Bern an unterschiedlichen Orten untergebrachten Bibliotheken der Bundesverwaltung wurden im renovierten Bau der VBS-Bibliothek untergebracht, was zu einem Mix von Büchern in den Gestellen der Bibliothek führt. Von Landwirtschaft über Migration, Umwelt bis zum Strassenbau und Energiewesen reicht heute der Bücherbestand der Bibliothek am Guisanplatz. Die Bibliothek sei ein „Querschnittprojekt“, aus der ehemaligen Spezialbibliothek sei eine Bibliothek geworden, deren Bestände in vielerlei Richtungen hinweise. Wer meint, beim allgemeinen Bücherbestand alleine im Flanieren von einem Büchergestell zum nächsten auf geschlossene Sachgebiete stossen zu können, muss erkennen, dass diese Suchmethode in der Bibliothek am Guisanplatz nicht weiterführt. Denn hier werden aus „raumökonomischen Gründen“ und um Platz zu sparen, die Bücher nach ihrer Grösse platziert: Grossformatige Bücher zu den grossformatigen, kleinere Formate zu den kleineren. Deshalb ist hier die Suche nach Literatur ohne die Konsultation des Katalogs am Computer schlicht nicht möglich.

Wer die Bibliothek am Guisanplatz aufsucht? „Hierher kommen Leute, die wissen, was sie suchen“, sagt Andrea Grichting. Das sind Medienschaffende und Studierende, die sich mit internationalen Konflikten befassen. Historiker und Hobby-Historiker, Mitarbeitende des VBS und Besucher, die Zeit haben, um sich umzuschauen. Im guten Sinne museal wirken die Bibliotheken, die frühere Bundesräte, Vorsteher des VBS, der Bibliothek vermacht haben. „Fonds Ogi“ heisst eine dieser Bibliotheksbestände, die aus Geschenken von Staatsgästen bestehen, aus Büchern mit persönlichen Widmungen. Ganz reich bestückt zudem die Bücherbestände des „Fonds Heberlein“: Hunderte von zum Teil sehr gesuchten Widmungsexemplaren des Toggenburger Sammlers Georg Heberlein, die einen separaten Bereich der Bibliothek bilden. Unterhalb des Gebäudes und auf seiner vollen Länge die Büchermagazine, mitunter Bestände mit Sperrfristen, die nicht jedem Besucher der Bibliothek zugänglich sind.

Bibliothek am Guisanplatz
Papiermühlenstrasse 21 A
3003 Bern
T: 058 464 50 99
www.guisanplatz.ch

 

144 Treffer

Heinz Egger

Wenn Vater wieder einmal zu einem Wiederholungskurs einrücken musste, war das immer ein Ereignis. Die Vorbereitungen fingen zeitig an. Nicht weil das Rollen des Kaputs, des langen Militärmantels, der als gleichmässige Wurst exakt um den Tornister passen musste, so viel Zeit in Anspruch genommen hätte – meine Mutter beherrschte das Rollen übrigens besser als Vater. Die Schuhe waren das erste Thema. Wie jeder Soldat hatte mein Vater zwei Paar Schuhe. Eines mit Gummi- und eines mit Ledersohle und Nägeln. Dutzende kleiner „Mauseköpfe“ schauten da heraus – und keiner durfte fehlen oder lose sein. Auch die seitlich an der Sohle angenagelten Tricouni, Eisen mit Zacken, mussten fest sitzen. Bei Bedarf konnte der Schuhmacher im Dorf helfen. Dieser war bestimmt im Besitze einer Berechtigung und eines entsprechenden Reglements für die Reparatur von Ordonnanzschuhen.

Struktur des alten Zeughauses, Zettelkatalog, Bestaende der EMB

Wer ein solches Reglement einsehen will oder sich beispielsweise für die Geschichte der Schuhe und besonders der im Militär verwendeten Schuhe und Stiefel interessiert, der ist bei der Bibliothek am Guisanplatz am richtigen Ort. Sie liegt in einem alten Zeughaus. Auf dem mächtigen Schiebetor steht der frühere Name: Militärbibliothek. Auf dem Fussweg unter dem Vordach ist dieser Name in den vier Landessprachen in Betonbodenplatten eingearbeitet. Der romanische Biblioteca militara federala steht gleich vor der Eingangstüre. Der Langbau ist von links bis rechts offen. Architektonische Elemente für den Bibliotheksbetrieb stehen wie hingestellt da. Nichts berührt die Aussenwände, nichts das Dach. So ist die weiss gestrichene Holzstruktur des alten Baus überall sichtbar.

Im Keller der BiG lagern die Bestände von über 40 Verwaltungsbibliotheken des Bundes

Die Bibliothek hat ihren Namen geändert, weil seit 2007 in ihren Räumen über 40 Verwaltungsbibliotheken des Bundes vereint sind. Die Bestände lagern im Bauch, im Untergeschoss der Bibliothek, der so lang ist wie das Haus und rechts und links eines zentralen Gangs ein Archivrollgestell neben dem anderen enthält. Seit 2009 ist die Bibliothek am Guisanplatz Leitbibliothek der Bundesverwaltung. In ihren Beständen finden sich nahezu 600 000 Medien.

Im Eingangsbereich stehen rechts bequeme Sitzgelegenheiten, geradeaus liegt die Info-Theke und links ragt ein Betonkubus mit Lift, Garderobe und Toiletten hoch.

Wer eintritt, wird nach seinen Wünschen gefragt. Warum wird beim Besuch schnell klar:

Wer meint, zwischen den zahlreichen Gestellen spazierend, das Gesuchte zu finden, der wird schwerlich erfolgreich sein. Es gibt keine Themenbereiche in der Bibliothek. Da steht ohne Weiteres The Literary Heritage of the Arabs neben Pénal Fiscal und dem Feuerwehr-Lehrbuch. Was auffällt: Die Bücher sind bis auf kleine Unterschiede gleich hoch. Und das ist das Kriterium der Ordnung. Auf den Tablaren sollen die Bücher eine ähnliche Höhe haben, damit ein Gestell möglichst gut ausgenutzt werden kann. So führt einzig der Katalog zur Signatur und die Anschrift am Gestell zum entsprechenden Buch.

Am schnellsten ist die Suche über den Online-Katalog Alexandria (www.alexandria.ch). Beispielsweise mit dem Stichwort „Ordonnanzschuh“, das wohl jeder Schweizer Soldat kennt, erzielt man keinen Treffer. „Schuhwerk“ hingegen zeigt 144 Einträge an. Es empfiehlt sich, mit einem allgemeinen Begriff zu beginnen. Neben der Trefferliste erscheinen dann Verfeinerungsmöglichkeiten. So stösst man schliesslich auch auf „Ordonnanzschuhe“ beispielsweise als Titel eines Artikels in der Allgemeinen Schweizerischen Militärzeitung von 1905. Diese Zeitung hat die Schweizer Armee seit 1855 begleitet. Sie liegt vollständig digitalisiert vor. Dies gilt auch für die beiden Vorgängerinnen, die Helvetische und Schweizerische Militärzeitschrift.

Die sehr lange Liste der Publikationen zum Thema Schuhwerk im Militärdienst aus der Zeit von 1853 bis in die jüngste Vergangenheit zeigt, wie wichtig das Thema ist. Dabei geht es nicht nur um das Schuhwerk selbst, sondern auch um die Gesundheit der Füsse, die darin stecken. – Eine Armee, die schlecht zu Fuss ist, ist schon besiegt.

 

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